Pferdegastronomie – Symposium PFERDE 2021, Teil 2

Text: Vanessa Metz

 

Gedanken aus der Pferdepraxis für einmal laut ausgesprochen

Dr. med. vet. Bettigna Musterle

Die Pferdefütterung ist ein grosses Thema, bekanntlich geht Liebe ja durch den Magen und so füttern Pferdebesitzer*innen viel, was eigentlich gar nicht nötig wäre. So liegt auch die Fütterungsberatung im Trend, doch nicht alle Berater*innen sind adäquat ausgebildet. Die folgenden Trends hat Dr. med. vet. Bettigna Musterle in ihrer Arbeit als Tierärztin in letzter Zeit festgestellt und beleuchtet sie kritisch. Ausserdem gibt sie einige Tipps für den Alltag.

Trends

Gewichtsklasse der Pferde: Welches Pferdegewicht normal ist, hat sich in den letzten Jahren verschoben. Im Sport sind heute die meisten Pferde zu dick, sodass normalgewichtige Pferde als zu dünn wirken. Bei Ponys wird oftmals darüber hinweggesehen, dass sie zu dick sind. Die Reiter*innen aber auch Richter*innen und Stallbesitzer*innen sollten den Blick für das Gewicht der Pferde wieder besser schulen: Was ist dick und was ist einfach nur ein grosser Bauch? Richtwert: Ich möchte die Rippen spüren, aber nicht sehen.

Ad libitum Fütterung: Die ad libitum Fütterung wird oft interpretiert als 24 Stunden Heufütterung. Diese Art der Fütterung entspringt dem Denken, dass längere Fresspausen für den Magen schädlich sind und dass das Pferd in der Natur auch während des grössten Teil des Tages frisst. Hier liegt aber ein Trugschluss: Pferde in der Natur sind 16-20 Stunden auf FutterSUCHE und fressen vor allem Steppengras, was energiearm ist. Schweizer Wiesen sind aber die Grundlage für die Milchproduktion und damit für Kühe. Daher sind sie für unsere Pferde zu energiereich. Ein besserer Ansatz ist, dass sich Pferde 24 Stunden mit der Futtersuche beschäftigen können sollen. Dabei sollen sie ihre individuelle Ration aufnehmen können, aber nicht mehr.

Kein Öl für Pferde: Häufig wird die Aussage gemacht, dass man niemals Öl einem Pferd geben dürfe. Es habe keine Gallenblase und könne daher kein Öl verdauen. Es stimmt zwar, dass Pferde keine Gallenblase haben, trotzdem können sie Öl verdauen. Daher stimmt diese Aussage nicht.

Heunetze sind schlecht für Genick und Zähne: Bisher gibt es keine wirklichen Studien dazu, ob Heunetze tatsächlich schädlich für Genick und Zähne sind. Eine Verpauschalisierung ist daher falsch. Je nachdem wie Heunetze eingesetzt werden, kann die Genickposition variieren und auch die Zähne werden nicht übermässig abgenutzt. Jedoch gibt es geeignetere und weniger geeignete Heunetze, respektive «Slowfeeding»-Gadgets.

Halbwissen: In den letzten Jahren hat sich ein Trend entwickelt, dass nicht mehr Fachbücher zu Rate gezogen werden, sondern dubiose Internetseiten und Blogs aus aller Welt. Die jungen Reitenden erhalten ihre Informationen oft nicht mehr aus der Fachpresse oder von einem Tierarzt/Tierärztin, sondern aus den Sozialen Medien. Dort ist aber leider häufig nur Halbwissen vorhanden, was im schlimmsten Fall schädlich oder sogar tödlich für unsere Pferde sein kann. Auch sollte man sogenannte Fachpersonen gründlich prüfen, bevor man sie zu einem auf den Hof holt. Die absolvierten Ausbildungen können stark variieren, darauf sollte man achten.

Tipps aus der Praxis

  • Futterumstellung: Pferde mögen neue Futtermittel oft nicht und der Dickdarm muss sich bei neuem Futter umstellen können. Eine Futterumstellung muss daher langsam über 14 Tage erfolgen.
  • Weiden: Wir alle weiden an. Warum weiden wir nicht ab? Oft gibt es 5-10 Tage nach Schliessung der Weiden eine Verstopfungskolik. Im Herbst sollten wir daher die Umstellung von Weide auf Heu ebenfalls langsam vornehmen.
  • Tränken: Selbsttränken mit Stäbchen oder Zunge mögen Pferde oft nicht und trinken weniger. Besser sind Schwimmertränken. Bei diesen kann es aber Probleme mit der Durchflussgeschwindigkeit (zu langsam oder teilweise zu laut bei schnellem Einfliessen) geben. Pferde bevorzugen Brunnen mit fliessendem Wasser. Daher sind Eimertränken in Boxen eine gute Alternative. Diese müssen aber täglich gut gereinigt werden und dürfen kein Verletzungsrisiko darstellen.
  • Rationsgestaltung: KISS: Keep it simple and stupid: Je einfacher desto besser für alle.
    1. Der Nährstoffbedarf muss mit Raufutter gedeckt sein, ein Pferd braucht Mineralfutter und einen Salzleckstein. Nur bei Bedarf soll Kraftfutter als Einzelkomponenten gefüttert werden.
    2. Das Kaubedürfnis muss befriedigt sein.
    3. Das Wasserbedürfnis muss befriedigt sein.
    4. Eine Beschäftigung muss gewährleistet werden.
    5. Ergänzung von Mängeln, Unterstützung bei spezifischen Problemen.
  • Wenn wir die ersten vier Punkte optimal lösen, bleibt beim 5. Punkt fast nichts übrig.
  • Selen: Wir haben in der Schweiz einen Selenmangel. Das wissen aber auch die Futterhersteller und reichern alles mit Selen an. Zu viel Selen kann gefährlich sein.

Take Home Message

Unsere Pferde müssen schlanker werden – weniger ist oft mehr (ausser bei Bewegung) – jedes Tier hat individuelle Bedürfnisse.

 

Gute Hygiene und Herstellpraxis von Futtermitteln – Anforderungen des Vollzugs

Thomas Hinterberger, Leiter Amtliche Futtermittelkontrolle, Agroscope

Wer Futtermittel in den Verkehr bringt, muss die Zulassung bei der amtlichen Futtermittelkontrolle (AFK) beantragen. Die AFK prüft vereinfacht gesagt, dass das im Futter enthalten ist, was auf der Packung steht. Ausserdem stellt sie auch die Sicherheit und die Qualität der Produkte sicher.

Pferde sind in Bezug auf Fütterung immer Nutztiere, weshalb es auch in diesem Bereich Futtermittelkontrollen braucht. Ausserdem ist es auch für uns Pferdebesitzer*innen wichtig, dass die Futtermittel für unsere Pferde sicher und von hoher Qualität sind – wir wollen dem Pferd ja nicht schaden. Pro Jahr werden ca. 40 Ergänzungs- und Mineralfuttermittel für Pferde in 1200 Proben in 350-400 Inspektionen vom Amt für Futtermittelkontrolle AFK kontrolliert. Auch werden Internetshops und Social-Media-Kanäle systematisch kontrolliert. Diese Kontrollen sind zum Wohl der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt.

Wie geht eine Betriebskontrolle vor sich? Die Betriebe werden aufgrund risikobasierten, statistischen und dynamischen Kriterien geprüft. Ein grosser Betrieb, der Auswirkungen auf die ganze Schweiz hat, wird öfters geprüft, als kleinere Betriebe. Aber auch kleine Betriebe, die teilweise nur aus einer Person bestehen, werden geprüft.

 

Slowfeeding: Die ideale Lösung für artgerechte Pferdefütterung?

Anja Zollinger, vorgetragen von Christa Wyss

Besonders Pferdebesitzer*innen von leichtfuttrigen Pferden kennen das Dilemma: Das Pferd sollte möglichst lange auf Futtersuche sein, keine Fastenperioden über vier Stunden haben, aber gleichzeitig nicht pummelig werden. Wenn wir die Portion, welche einem Pferd zur Erhaltung seines Gewichtes braucht, in mindestens drei Portionen aufteilen, ergibt das lange Fresspausen und beinhaltet einiges an Arbeitsaufwand. Pferde, die ihr Fress- respektive Kau- und Beschäftigungsbedürfnis nicht befriedigen können, zeigen Verhaltensauffälligkeiten. Doch wie können wir nun leichtfuttrige Pferde artgerecht füttern? Eine Lösung für das Dilemma sehen Viele im Slowfeeding-Konzept.

Mit dem Slowfeeding-Konzept lässt sich einerseits die Häufigkeit der Futtergaben erhöhen, um die Fresspausen zu verkürzen. Zeitgesteuerte Fütterungen können dabei hilfreich sein. Bei dieser Fütterung ist aber wichtig, dass es 20-30% mehr Fressplätze als Tiere gibt, damit auch Rangniedrigere einen Platz finden. Andererseits kann die Nahrungsaufnahme durch Heunetze oder durch ein System, sogenannte Slowfeeder, verlängert werden. Es gibt viele Slowfeeder-Produkte, aber nicht alle sind geeignet und nicht für jedes Pferd. Bisher gibt es keine Studien dazu, welche Slowfeeder gut und sicher sind und welche Auswirkungen sie auf das Pferd haben. Dazu kommt, dass nicht alle Tiere gleich gut aus den Slowfeedern fressen können, sodass sie bei einigen durchaus Stress auslösen können. Ebenfalls ist bis heute unbekannt, ob sie die Zahngesundheit schädigen oder nicht. Besitzer*innen, die sich für ein Slowfeeding System entscheiden, müssen die Pferde sehr genau beobachten und entscheiden, ob das System für das Tier und den Menschen passt.

Grundsätzlich ist eine schrittweise Angewöhnung wichtig, das Verletzungsrisiko muss minimiert werden (z.B. nicht Hängenbleiben im Netz) und man muss genau auf Stressanzeichen (auch sehr kleine) achten. Raufutter sollte man in verschiedenen Slowfeeding Systemen anbieten und die Tasthaare, das Zahnfleisch, sowie die Zähne regelmässig kontrollieren.

Schlussendlich soll eine Abwägung zwischen den Vorteilen und Nachteilen für das Pferd und den Menschen erfolgen.

 

Fütterungsbedingte metabolische (stoffwechselbedingte) Erkrankungen

Med. vet. Solange Oesch

EMS (Equines Metabolisches Syndrom)

Weshalb wird mein Pferd dick aber die Stallgenossen nicht? Diese Frage haben sich wohl schon viele Pferdebesitzer*innen gestellt. Eine Antwort kann sein, dass das Pferde eine gewisse genetische Prädisposition dazu hat, wenn es zum Beispiel einer Rasse angehört, die sich an karge und nähstoffarme Regionen angepasst hat. Dies alleine reicht aber nicht aus für ein Pferd, um EMS zu entwickeln. Zusätzlich braucht es ungünstige Haltungsbedingungen, wie unpassende Fütterung oder Bewegungsmangel. So brauchen zum Beispiel Tiere, die aus nährstoffarmen Regionen kommen, kein Kraftfutter. Wenn wir also Pferde mit einer Prädisposition zu Übergewicht haben, müssen wir die Haltungsbedingungen gut bedenken. Aber auch Pferde ohne genetische Prädisposition können EMS entwickeln und Pferde mit EMS haben ein erhöhtes Risiko, Hufrehe zu entwickeln.

Was passiert im Körper, wenn ein Pferd frisst? Beim Fressen wird Glukose aufgenommen, was die darmeignen Hormone aktiviert und zur Insulinausschüttung führt. Muskeln und Fettgewebe nehmen Glukose auf. Bei einem Pferd mit EMS kommt es zur vermehrter Ausschüttung von Insulin nach der Futteraufnahme. Zwischen einem erhöhten Insulinwert und Hufrehe gibt es einen klaren Zusammenhang, der wissenschaftlich erwiesen ist. Die Diagnosestellung von EMS kann mittels verschiedener Tests durch den Tierarzt/die Tierärztin erfolgen. So kann auch herausgefunden werden, wie hoch das Risiko beim Pferd für eine Hufrehe ist.

Management von EMS-Pferden: EMS-Pferden dürfen keine getreide- oder fetthaltige Futtermittel, kein Obst, Gemüse oder Leckerlis gefüttert werden. Raufutter sollte zum Abnehmen 1.25-1.5 % vom Körpergewicht an Heu gegeben werden. Haylage sollte man nicht füttern, da es eine grössere Insulinantwort erzeugt als Heu. Pferde mit einer erhöhten Insulinantwort können vom Einweichen von Heu aber profitieren. Wichtig ist in dieser Zeit auch die ausreichende Versorgung mit Vitaminen, Mineralien und Proteinen. In den ersten 6-12 Wochen der Diät sollte keine Weide stattfinden, denn der Zuckeranteil im Gras – und nicht wie häufig behauptet der Eiweissgehalt – ist gefährlich für diese Pferde. Danach können einige Pferde mit einer Fressbremse wieder auf die Weide. Langfristig ist es möglich, die Pferde wieder auf die Weide zulassen, wenn keine Insulindysregulation vorhanden ist. Es gibt auch eine medikamentöse Therapie, diese ersetzt aber auf keinen Fall die Diät.

Bewegung ist wichtig, auch bei EMS. Wenn keine Hufrehe vorhanden ist, ist leichte bis mittelschwere Arbeit möglich. In der Rekonvaleszenz Phase einer Hufrehe ist nur ein leichtes Bewegungsprogramm auf weichem Boden angezeigt.

PSSM (Polysaccharide Storage Myopathy)

PSSM ist eine genetischbedingte Krankheit, bei welcher Zucker sich im Gewebe ansammelt. Auch bei dieser Krankheit spielt das Insulin eine wichtige Rolle und die Insulinantwort sollte tiefgehalten werden, damit nicht mehr Zucker in die Muskelzelle gelangt. Die Fütterung muss lebenslänglich angepasst werden, weshalb eine Fütterungsberatung durch den Tierarzt/die Tierärztin empfehlenswert ist. Täglicher Auslauf ist für diese Pferde wichtig, doch Vorsicht ist angezeigt bei üppigem Weidegang, da dort wieder zu viel Zucker aufgenommen wird. Hier kann eine Fressbremse helfen. Bei diesen Pferden sollten keine «Pausentage» gemacht werden, sie brauchen regelmässige Bewegung.

Atypische Weidemyopathie

Eine atypische Weidemyopathie wird durch die Aufnahme von Ahornsamen ausgelöst, wodurch der Fettstoffwechsel nicht mehr korrekt funktioniert. Betroffene Pferde sollten weiterhin fressen und eine kohlenhydratreiche Fütterung ist nötig. Bei einem Ausbruch sollten alle Pferde, die auf derselben Parzelle waren, aufgestallt werden, egal ob sie Symptome zeigen oder nicht. Die Pferde sollten regelmässig überwacht werden. Diese Krankheit kommt meist im Herbst vor, wenn die Pferde in der Nähe von Ahornbäumen grasen. Sie kann aber auch im Rest des Jahres auftreten.

 

Wie gut reflektieren die Kupfer-, Zink-, Mangan-, Selen- und Jodgehalte die entsprechende Versorgung beim Pferd?

Prof. Dr. med. vet. Ingrid Vervuet

Dass die Zufuhr von Spurenelementen für die Gesundheit der Pferde wichtig ist, wissen wir alle. Den grössten Teil nehmen die Pferde über ihr Heu auf. So erhalten sie über gutes Heu meist genügend Eisen und Mangan. Kupfer- und Zinkgehalte hingegen schwanken im Heu und sind nicht immer ausreichend vorhanden. In der Schweiz sind die Böden eher selen- und jodarm, weshalb den Pferden dies zugefüttert werden muss. Aber Achtung, das wissen auch die Futtermittelhersteller und geben besonders Selen in diverse Futtermittel dazu. Daher muss man bei Kombinationen von Futtermitteln gut darauf achten, ob nicht eine Überversorgung von Selen – was im Extremfall tödlich sein kann – vorliegt. Ein Cobaltmangel scheint es bei Pferden nicht zu geben, auch wenn es im Heu wenig vorkommt.

Um zu überprüfen, ob das Pferd genügend mit Spurenelementen versorgt oder vielleicht sogar überversorgt ist, lassen viele Besitzer*innen bei ihrem Pferd ein Blutbild machen. Doch zeigt dies klar die Versorgungslage des Pferdes?

  • Kupfer: Studien zeigen keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen Kupfer-Fütterung und Kupfergehalt im Blut, hingegen zeigen sie einen möglichen Zusammenhang zwischen Kupferfütterung und Kupfergehalt in der Leber.
  • Zink: Studien zeigen, dass im Blut nicht mehr Zink gefunden wird, wenn die doppelte Menge an Zink zugefüttert wird. Allerdings konnte ein Zusammenhang zwischen Haltung (Weide oder Stall) und verschiedenen Krankheiten und Zinkwerten im Blut nachgewiesen werden. Zum Beispiel weisen Islandpferde mit starkem Sommerekzem einen niedrigeren Zinkwert im Blut auf als gesunde Islandpferde. In der Fütterung gilt: Zink ist nicht gleich Zink. Wenn wir Zinkoxid füttern, steht das häufig nicht dem Pferd zur Verfügung, besser sind Sulfate oder Chelate.
  • Mangan: Die Manganaufnahme von Pferden spiegelt sich gemäss neuen Studien nicht im Blut wider. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass bei genügender Heufütterung in der Praxis kein Manganmangel auftritt.
  • Jod: Zur Widerspiegelung der Jod-Versorgung im Blut gibt es nur wenige Studien. Besser erforscht ist der Zusammenhang zwischen Jod-Aufnahme und Gehalt im Harn.
  • Selen: Die Selenversorgung kann sehr gut über das Blut bestimmt werden. Eine Zufütterung von Selen zeigt sich ca. 14 Tage danach im Blut. Aber Achtung, es kann schnell zu einer Überversorgung kommen.

Kann eine Haaranalyse Klarheit bringen? Für eine Haaranalyse nimmt man Mähnen- oder Schweifhaar, kein Deckhaar. Eine Probe von 2 cm gibt eine Übersicht über den letzten Monat. Eine Studie mit 4 Pferden und 3 Laboren zeigt die Labor-Problematik auf: Jedes Labor hat seine eigenen Referenzwerte und kam bei denselben Proben zu unterschiedlichen Messwerten. Prof. Dr. med. vet. Ingrid Vervuet schliesst, dass sich eine Haaranalyse nicht eignet, um die Abdeckung von Spurenelementen zu überprüfen. Allerdings kann man durch sie toxische Schwermetalle und chronische Vergiftungen, auch eine Selenvergiftung, nachweisen.

Fazit: Pferdebesitzer*innen sollten die Rationen und die darin enthaltenen Nährstoffe berechnen, um eine optimale Versorgung sicherzustellen. Haaranalysen helfen nur, um Vergiftungen durch Schwermetalle aufzudecken. Ein Blutbild zu den genannten Nährstoffen macht nur bei Selen Sinn.

 

Heu oder Haylage in der Pferdefütterung im Vergleich

Johanna Besier, Brigitte Strickler, Ruedi von Niederhäusern, Ueli Wyss

In der Pferdewelt besteht ein Trend zur Ersetzung von Heu durch Haylage. Vor einigen Jahren wurde im Rahmen einer Masterarbeit Heu und Haylage aus italienischem Raigras und aus einer Gräsermischung mit Luzerne verglichen. Im Fokus standen dabei die Konservierungseigenschaften, die mikrobiologische Qualität des Futters und die Nährwerte im Hinblick auf die Pferdefütterung. Dazu wurde das Gras in Avenches angepflanzt und im Mai 2011 im Stadium 6 «Blüte» geerntet. Aus den Ballen wurde bei der Einlagerung und nach einer acht bis neunmonatigen Lagerungszeit im Januar/Februar Proben entnommen. Ausserdem wurden die Ballen sieben Tage nach dem Öffnen nochmals beprobt.

Die Studie kam unter anderem zu folgendem Schluss:

  • Die Beprobung zeigte, dass der Trockenmassegehalt (TS) bei allen Ballen bei der Pressung zu gering war. Für Haylage wird ein TS-Gehalt von 45-60% empfohlen, im Versuch lag er aber zwischen 67.2% und 76%. Für Heu sollte der TS-Gehalt bei 85% bei der Einlagerung betragen, lag im Versuch jedoch zwischen 76.6% und 81.5%.
  • Das Heu war bei der Einlagerung nicht genügend trocken, was wohl dazu führte, dass die mikrobiologische Qualität des Heus schlechter als die der Haylage war.
  • Sowohl italienisches Raigras als auch die Gräsermischung weisen eine gute Konservierungseignung zur Herstellung von Haylage auf. Allerdings weist das italienische Raigras höhere Zucker- und Fruktanwerte auf.
  • In der Haylage wird Fruktan stärker abgebaut als im Heu.
  • Im Versuch wiesen die Haylages sowohl tiefere Fruktangehalte und als auch eine bessere mikrobiologische Qualität auf als das Heu.

Genaue Details zur Studie sind in Agrarforschung Schweiz 4 (6), S. 264-271, 2013 publiziert.

 

Aktueller Wissensstand zum Mikrobiom beim Pferd. Probiotika – was wir wirklich wissen?

Prof. Dr. med. vet. Ingrid Vervuert

Alle mikroskopisch sichtbaren, lebenden Organismen in einer Region werden als Mikrobiota bezeichnet. So gehören im Dickdarm des Pferdes zum Beispiel Bakterien, Protozoen, Pilze, Viren und Archaea dazu. Vom Pferdemagen Richtung Darm nimmt die Vielfalt der Mikrobiota zu.

Als Probiotika werden laut WHO lebende Mikroorganismen bezeichnet, welche ausserdem einen gesundheitlichen Nutzen für den Wirt haben, wenn sie in genügenden Mengen aufgenommen werden. Für die EU sind sie Futtermittelzusatzstoffe, welche als solche durch die Europäische Kommission zugelassen werden müssen. Zurzeit sind in der EU nur Stämme der Hefe Saccharomyces cerevisiae (SC) für Pferde zugelassen. Diese kommen jedoch normalerweise bei Pferden nicht im Darm vor und sind damit nicht Teil der Mikrobiota des Pferdes. Studien zur Einsatz von SC kommen denn auch zu unterschiedlichen Schlüssen. Zwar zeigen sie, dass die Hefe das saure Milieu des Magens und des Dickdarms überlebt, jedoch lässt sich beispielsweise eine erhoffte höhere Faserverdaulichkeit bei praxisüblichen Rationen mit wenig Kraftfutter und ausreichend Heu nicht bestätigen.

Prof. Dr. med. vet. Ingrid Vervuert weist darauf hin, dass Pferde bei einer sehr guten Futtermittelhygiene und mit einer ihrer Leistung angepassten Rationsgestaltung (raufutterreich, mind. 1.5kg Trockensubstanz pro 100kg Körpermasse; stärkearm, max. 100g pro 100kg Körpermasse pro Mahlzeit) meist die gewünschte Mikrobiota aufweisen.

Equine Oldies but Goldies – Grundlagen der Fütterung alter Pferde

PD Dr. med. vet. Anne Mösseler

Beim Stichwort «altes Pferd» denken die meisten Menschen wohl an ein abgemagertes Pferd, jedoch sind viele alte Pferde zu dick (adipös). Daher muss die Fütterung dem individuellen Ernährungszustand angepasst sein. So soll, wie auch bei jungen Pferden, das Ziel der ideale Ernährungszustand sein, ohne dass Krankheiten ausgelöst oder – wenn bereits vorhanden –verstärkt werden.

Wann ist ein Pferd alt? Die Frage lässt sich nicht so einfach beantworten. Futtermittelhersteller propagieren ihre Produkte oft bereits ab 16 oder 18 Jahren. In der Fachliteratur liest man häufig die Zahl 20. Einige Ponyrassen, die durchaus 40 Jahre alt werden können, sollten wohl aber mit 20 Jahren noch nicht als «alt» gelten. Das phänotypische Alter sollte immer mitbewertet werden, denn mit entsprechendem Management können auch «alte» Pferde im Sport durchaus noch erfolgreich sein.

Zur Verdauungsleistung älterer Pferde liefern Studien unterschiedliche Resultate. Oftmals wird angenommen, dass alte Pferde eine reduzierte Verdauungsleistung aufweisen, allerdings gab es auch Studien, welche das nicht belegen konnten. Studien konnten hingegen belegen, dass die Funktion des Immunsystems mit dem Alter abnimmt. Ein Überschuss an Kalzium sollte vermieden werden, weil dies zu Konkrementen im Harntrakt führen kann. Wird das Pferd mit Luzerne zugefüttert, sollte bedacht werden, dass diese bereits eine erhebliche Menge an Kalzium enthalten, weshalb durch weiteres «Zusatzfutter» nicht noch mehr Kalzium zugeführt werden sollte. Da alte Pferde für die Thermoregulation einen höheren Energiebedarf aufweisen, sollte dies bei der Rationengestaltung berücksichtigt werden. In einigen Fällen macht auch das Eindecken im Winter oder Scheren des Felles im Frühling/Sommer Sinn.

Raufutter soll, wie bei jungen Pferden, die Basis der Fütterung bilden. Empfehlenswert ist hochverdauliches Raufutter, keine verholzten oder überständigen Futtermittel. Bei Zahnproblemen sollte das Raufutter durch Alternativen wie Heucobs oder Grünmehlpellets ergänzt/ersetzt werden. Auch Rübenschnitzel eignen sich, wobei Pferde mit gestörtem Glukosestoffwechsel unmelassierte Rübenschnitzel bekommen sollten.

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